Turnaround Prozess - So meistern Sie einen Turnaround in Ihrem Unternehmen

Wenn Ihr Unternehmen sich in einer Existenzkrise befindet, erfordert das Überleben i. d. R. einen Turnaround Prozess. Dieser soll dazu dienen die Weichen Ihrer Organisation neu zu stellen. Wir bezeichnen einen Turnaround Management Prozess auch als Change Prozess unter erschwerten Bedingungen.

Aufgrund der aktuellen und der Entwicklungen der letzten Monate geraten Unternehmen in eine existenzbedrohende Situation. Tritt diese Existenzkrise ein, muss ein Turnaround Prozess vollzogen werden. Bei diesem Prozess geht es darum, die Vorzeichen, unter denen die Entwicklung Ihres Unternehmens steht, umzudrehen. Ziel ist es sie weg vom Negativen hin zum Positiven zu wenden, sodass

  • die Existenz Ihres Unternehmens wieder gesichert ist und
  • Sie wieder voller Zuversicht in die Zukunft blicken, weil Sie sich erkennbar und messbar wieder in der Erfolgsspur befinden.

Das heißt unter anderem,

  • die Liquidität Ihres Unternehmens ist gesichert,
  • Ihre Wettbewerbsfähigkeit ist wieder hergestellt und
  • Sie arbeiten rentabel.

Existenzkrisen sind das Ergebnis eines Prozesses

Es gibt unterschiedliche Gründe, weshalb Unternehmen in Existenzkrisen geraten. Meist dauert es einige Zeit, bis im Top-Management nach und nach die Erkenntnis reift, dass ein Turnaround Prozess vollzogen werden muss – vielleicht ein Prozess, den Sie auch kennen. In der Regel ist der Anlass hierfür ein akutes betriebliches Problem wie

  • der Umsatz sinkt beispielsweise aufgrund eines veränderten Marktumfelds (Absatz- und Umsatzkrise),
  • die (Fix-)Kosten sind zu hoch, beispielsweise aufgrund einer geringen Prozess-Effizienz (Kostenkrise),
  • die Finanzierung des laufenden Geschäfts ist bedroht, beispielsweise aufgrund einer steigenden Verschuldung (Finanz- und Liquiditätskrise) oder
  • das Management ist nicht entscheidungs- und handlungsfähig, zum Beispiel, weil es uneins ist (Managementkrise).

Mögliche Ursachen einer Existenzgefährdung bei Unternehmen

Turnaround Prozess - Mögliche Ursachen einer Existenzgefährung von Unternehmen Schaubild - Dr. Kraus & Partner

Wenn Sie diese Problemfelder rechtzeitig identifizieren und erforderliche Gegenmaßnahmen einleiten, muss beispielsweise aus einer Managementkrise oder Absatzkrise Ihres Unternehmens keine Existenzkrise werden, die letztendlich nicht einen einen Turnaround Prozess, sondern auch eine Sanierung Ihres Unternehmens erfordert.

Von der Managementkrise zur Existenzkrise

Betrachtet man die Ursachen, weshalb Unternehmen in eine Existenzkrise geraten, dann zeigt sich oft der folgende Verlauf: Aus einer Managementkrise entstand eine strategische Krise. Diese strategische Krise erwuchs eine Absatz- und Umsatzkrise, die letztendlich zu einer Ertrags- und Liquiditätskrise führte, die schlussendlich die Existenzkrise auslöste.

Entwicklung von einer latenten zu einer manifesten Existenzkrise

Turnaround Prozess - Entwicklung einer Existenzkrise - Stadien Schaubild - Dr. Kraus & Partner
Zum Beispiel ist genau dieser Prozess heute bei vielen Automobilzulieferern zu beobachten, die einen Personalabbau oder sogar eine Insolvenz angekündigt haben. In der Vergangenheit haben Sie sich überwiegend auf zwei oder drei Hauptkunden und bestimmte technische Problemlösungen fokussiert. Genau diese „strategische Krise“ führte – auch im Zuge der „Diesel-Affäre“ und der aktuellen Klimadebatte – zu einer Umsatz-, Ertrags- und Liquiditätskrise, die sich vereinzelt in eine existenzielle Krise verwandelte. Ähnliche Prozesse sind im Bankensektor bei Finanzinstituten zu beobachten, die auf die Niedrigzinspolitik der EZB und den Strukturwandel im Finanzsektor nicht angemessen reagiert haben. Daher muss jedes Unternehmen über ein Alarmsystem verfügen, das frühzeitig Problembereiche in der Organisation aufzeigt, um existenzielle Krisen zu vermeiden.
Befindet sich ein Unternehmen in einer existenziellen Krise, ist häufig auch seine Liquidität gefährdet. Zunächst muss diese wiederhergestellt werden, damit das Unternehmen zahlungsfähig bleibt. Das Problem hierbei ist jedoch: Wenn ein Unternehmen eine existenzielle Krise durchläuft, beispielsweise weil sein Geschäftsmodell veraltet ist, sind potenzielle Finanziers wie Banken und Investoren nur teilweise bereit, dem betreffenden Unternehmen die finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, weil sie wissen: Die geplante Sanierung wird Zeit brauchen und den größten Teil der Finanzmittel verbrauchen. Bei vielen Lieferanten wird es sich ähnlich verhalten. Oft sind sie nur noch bereit, gegen Vorauszahlungen zusammenzuarbeiten, wenn sie kein überzeugendes Konzept haben, wie das Unternehmen den Weg zurück zum Erfolg finden kann.

Das Problem an der Wurzel packen

Daher besteht der erste Schritt bei der Sanierung eines Unternehmens darin, vollständig zu analysieren, warum sich das Unternehmen in einer Krise befindet. Dies bedeutet, dass Sie sich Fragen stellen wie: Warum wird die Produkt- / Problemlösung des Unternehmens nicht mehr nachgefragt? Zum Beispiel, weil sie zu teuer sind? Oder liegt es daran, dass sie technisch veraltet sind? Liegt es daran, dass der Service falsch ist? Oder weil …?

Auf dieser Basis ist es beispielsweise wichtig festzustellen, warum das Produkt zu teuer ist. Zum Beispiel, weil die Beschaffungskosten des Unternehmens zu hoch sind? Oder liegt es daran, dass der Produktionsprozess ineffizient ist? Oder liegt es daran, dass aus Kundensicht das Kosten-Nutzen-Verhältnis zur Problemlösung zu niedrig ist? Oder liegt es an …?

Nur durch diese konsequente Untersuchung kann die tatsächliche Ursache des Problems gefunden werden. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um nachhaltige Lösungen für Probleme zu entwickeln. Es ist außerdem unerlässlich, sich zu fragen: Warum wurde das Problem nicht früher erkannt und gelöst? Zum Beispiel, weil es kein Alarmsystem hierfür gibt? Oder liegt es daran, dass dem Unternehmen die dafür erforderlichen Kompetenzen fehlen? Oder weil …?

Eine fundierte Analyse der Krisenursachen sind Unternehmen in der Regel nur mit externer Unterstützung möglich, weil: Die Untersuchung der aktuellen Situation und der Unternehmensgeschichte zur Ermittlung der Problemursache ein schmerzhafter Prozess ist, der auch Fehler und Versäumnisse, auf allen Ebenen, der Vergangenheit ans Licht bringt. Aus diesem Grund beinhaltet die Sanierung eines Unternehmens in der Regel auch personelle Veränderungen auf Führungsebene, da dem bestehenden Management häufig die erforderlichen Fähigkeiten fehlen, um das Unternehmen, zumindest aus Investorensicht, zurück auf die Erfolgsspur zu bringen.

Sanierungskonzept und -gutachten erstellen

Wenn die Ergebnisse der Analyse verfügbar sind, kann ein Sanierungskonzept entwickelt werden, mit dem die Maßnahmen zur Wiederherstellung der Markt- und Wettbewerbsfähigkeit  definiert, quantifiziert, budgetiert und terminiert werden können.

Handlungsfelder für einen erfolgreichen Turnaround

Turnaround Prozess - Handlungsfelder für einen erfolgreichen Turnaround Schaubild - Dr. Kraus & Partner

Das Sanierungskonzept dient als Grundlage für das Sanierungsgutachten. Ziel ist es unter anderem, (potenzielle) Investoren und Kapitalgeber von der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens zu überzeugen. Dieses Gutachten enthält beispielsweise zahlreiche interne und externe Faktoren, wie beispielsweise

  • die Attraktivität des Marktes des Unternehmens,
  • dessen angestrebtes künftiges Geschäftsmodell und
  • die künftigen Geschäftsrisiken.

Faktoren, die in die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit einfließen

Turnaround Prozess - Faktoren die in die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit einfließen Schaubild - Dr. Kraus & Partner

Das Sanierungsgutachten untersucht außerdem, inwieweit das Sanierungskonzept wirklich geeignet ist, um das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Unter anderem werden die Schlüssigkeit und finanzielle Tragfähigkeit der geplanten Maßnahmen sowie deren Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bewertet. Zusätzlich werden alternative Berechnungen durchgeführt, die unter anderem Planungsunsicherheiten berücksichtigen. Darüber hinaus enthält der Bericht die kritischen Prämissen, auf denen die Planung basiert (z. B. Markt-/Konjunkturentwicklung, Entwicklung der Rohstoffpreise, Fortsetzung von Verträgen mit Großkunden).

Nach dem Sanierungsgutachten folgt der Turnaround Prozess

Auf der Grundlage des Sanierungsgutachtens entscheiden die Kapitalgeber, ob und unter welchen Bedingungen sie dem Unternehmen die für die Sanierung erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Wenn die Entscheidung positiv ausfällt, kann danach mit der eigentlichen Sanierung begonnen werden, deren erstes Teilziel darin besteht, den Turnaround zu erreichen.

Die 3 Phasen eines angestrebten Turnaround Prozesses

Turnaround Prozess - die 3 Phasen eines angestrebten Turnarounds Schaubild - Dr. Kraus & Partner

Wenn die Geschäftsführung eines Unternehmens feststellt, dass der Turnaround Prozess geschafft ist, bedeutet dies: Das zuvor „kranke“ Unternehmen, dessen Existenz bedroht ist, ist wieder auf dem Weg zum Erfolg; seine Existenz ist nicht mehr ernsthaft bedroht. Der Turnaround ist daher ein zentraler Meilenstein im Change Prozess, der darauf abzielt, das Unternehmen zu sanieren und seine Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.

Der Turnaround Prozess erfordert einen schmerzhaften Change

Um diesen Meilenstein zu erreichen, ist in der Regel ein Maßnahmenpaket erforderlich, welches auf folgendes abzielt:

  • eine Senkung der Fixkosten
  • eine Steigerung der Produktivität und Qualität
  • eine Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und
  • ein Sicherstellen der Liquidität

Diese Maßnahmen sind zumindest für einen Teil der Belegschaft oft sehr schmerzhaft, da sie häufig mit Umstrukturierungen und Personalabbau einhergehen. Darüber hinaus erfordert das Erreichen des Ziels der Maßnahmen häufig ein radikales Umdenken sowie Aufgeben liebgewonnener, nicht selten identitätsstiftender Routinen und Verhaltensmuster. Entsprechend schwer ist der auf einen Turnaround abzielende Changeprozess zu managen – unter anderem, weil er meist auf Widerstände stößt.

Nach dem Turnaround Prozess wieder zuversichtlich in die Zukunft blicken

Das Erreichen des Turnarounds wird im Allgemeinen anhand vordefinierter Kennzahlen wie Cashflow, Umsatz, Rendite und Durchlaufzeiten gemessen. Wenn dies erreicht wird, bedeutet dies aus Sicht des Change Managements: Das Unternehmen ist durch das sogenannte Tal der Tränen gegangen. Sie können hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, solange Sie den eingeschlagenen Kurs beibehalten.

➡️ Wir unterstützten Sie gerne bei Ihrem Turnaround-Prozess – alles Wissenswerte dazu finden Sie auf unserer Themen-Seite.

Autor

  • Prof. Dr. Georg Kraus

    "Georg gestaltet seit mehr als 30 Jahren Change-Prozesse und ist als CEO der Puls von Kraus & Partner. Er ist ein Magnet für inspirierende Menschen und Projekte. Stillstand gibt es nicht in seinem Vokabular."