Elena sitzt am Tisch mit ihrem Laptop und hat dabei einen Ausblick auf die Berge | Ski-Office | Kraus & Partner - Transformation Experts

In der Welt der Organisationen ist eines sicher: Chaos und Ordnung sind keine gegensätzlichen Pole, sondern vielmehr zwei Seiten derselben Medaille. Soziale Systeme, zu denen auch deine Organisation zählt, sind von Natur aus chaordisch (Das ist ein Kofferwort in dem der Zustand Chaos und Ordnung gemeinsam zum Ausdruck kommt). Ihre Dynamik ist komplex, und ihre Wirkzusammenhänge sind nicht-linear. Doch wie kannst du das Spannungsfeld zwischen Chaos und Ordnung in deinem Unternehmen verstehen und darin erfolgreich navigieren?

Um das Verständnis zu vertiefen, werfen wir zunächst einen Blick auf die Eigenschaften chaotischer Systeme. Sie betreffen verschiedene Aspekte unserer Arbeitswelt.

Die Natur von chaotischen Systemen findet sich wieder in…

… der agilen Welt: In einem komplexen Problemraum macht lineares Projekt-Management keinen Sinn, da es versucht zu einem Problem die „richtige“ Lösung zu finden. Agile Projekt-Methoden antworten direkt auf die Unvorhersehbarkeit des Verlaufes im komplexen Raum.

… VUKA/BANI: In der VUKA-/BANI-Welt sind Entwicklungen weder vorhersehbar noch bewertbar, sodass das Festlegen auf bestimmte Strategien, die zu einer bestimmten Marktsituation passen, nicht erfolgreich sein kann. Strategien müssen ständig und immer häufiger an veränderte Umfeldsituationen angepasst werden.

… der Diskussion von Organisationsformen: Klassische Linien-/Matrix-Organisationen haben weiterhin ihre Berechtigung für Einheiten, die in einem stabilen Zustand arbeiten und dort effizient „liefern“ müssen. Einheiten, die sich kontinuierlich an sich veränderte Umfeldbedingungen anpassen sollen, und dies ist aktuell in fast allen Branchen der Fall- benötigen andere, beweglichere Organisationsformen.

… der Diskussion psychologischer Sicherheit: In der klassischen Management-Welt wurde Sicherheit vermittelt durch Pläne, Strukturen oder Konzepte, die über einen längeren Zeitraum gültig waren. In der Unübersichtlichkeit eines komplexen Systems („indischer Straßenverkehr“) entsteht Sicherheit nicht mehr durch richtige Entscheidungen gemäß einem Plan oder Regelsystems, sondern durch ein „sich-im-Fluss-mit-dem-Gesamten-Befinden“.

Regelsysteme versus Verbund-Systeme: Bewegungen eines Fischschwarms folgen einer komplexen Logik, die sich einer Gesamtsituation anpassen und für das Kollektiv erfolgreich sind. Führung und Steuerung von Schwärmen (wie auch von zusammenhängenden sozialen Systemen) funktioniert in einer nicht-linearen Logik. Der Erfolgsfaktor ist dabei nicht die Wirkung von expliziten (Verhaltens-) Regeln, sondern die innere Haltung zu Kooperation. Sicherheit entsteht hier aus der gefühlten Verbundenheit, nicht aus der Qualität der ausdrücklichen Regelsysteme.

Die Herausforderung des klassischen Managements

In unserer Beratertätigkeit beobachten wir oft, dass das klassische Management dazu neigt, sich ausschließlich auf Ordnung zu konzentrieren, um das Chaos zu eliminieren. Doch hier liegt das eigentliche Dilemma: Indem wir uns nur auf die Ordnung fokussieren, versäumen wir es, die Potenziale des Chaos zu erkennen und zu nutzen. Ein zentrales Spannungsfeld liegt in der Frage, wie viel Ordnung und wie viel Chaos eine Organisation benötigt.

Diese Fragen sollten vom Management beantwortet werden:

  • Wollen wir für alle Eventualitäten Regeln vorab definieren oder regeln wir Herausforderungen dann, wenn sie notwendig werden?
  • Sollten Regeln und Vorschriften streng eingehalten oder eher flexibel gehandhabt werden?
  • Wie viel Freiraum sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten, um eigenverantwortlich Verbesserungen voranzutreiben?
  • Wie kann Führung in einem Umfeld aussehen, das sowohl geordnete als auch chaotische Elemente aufweist?

Führungskräfte sollten den richtigen Grad an Ordnung und Chaos bestimmen, um Innovation zu fördern und gleichzeitig Effizienz zu gewährleisten.

Um das Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos in deiner Organisation zu finden, solltest du dich selbst hinterfragen::

  1. Wie kann ich den Teil meiner Organisation, die in einem stabilen Zustand effizient und standardisiert entlang von Prozessen arbeitet, von den Teilen meiner Organisation unterscheiden, die sich schnell und häufig an veränderte Umfeldbedingungen anpassen müssen?
  2. Wie sollte meine Führung aussehen in dem Teil der Organisation, der frei und chaotisch laufen sollte, wie viel Eingriff ist notwendig?
  3. Wie viel Freiraum sollte ich in den Teilen der Organisation, die standardisiert und effizient liefern, bieten, um eigenverantwortlich zu Verbesserungen zu kommen („Toyota Lean Leadership“)
  4. Wie gehe ich mit dem Zielkonflikt zwischen Ordnungs- und Chaos-Welt in meiner Organisation um?
  5. Wie kann ich verhindern, dass sich die eine der anderen Welt überlegen fühlt: Die chaotische Welt wird die Tendenz haben, sich als modern und zukunftsorientiert zu betrachten. Die ordentliche Welt tendiert dazu, sich als leistungsstark und wirtschaftlich erfolgreich zu betrachten.
  6. Wie kann ich damit umgehen, dass sich in beiden Welten eine Sehnsucht nach dem anderen Pol entwickeln kann, die jedoch in der Praxis selten durch echte Maßnahmen befriedigt wird? Die offene Welt wird typischerweise eine Sehnsucht nach Stabilität und Sicherheit entwickeln, um sich durch das Vorgeben von Strukturen unmittelbar eingeschränkt zu fühlen. Die geschlossene Welt wird typischerweise eine Sehnsucht nach mehr Offenheit entwickeln, die unmittelbar bei der Einführung von Handlungsautonomie zu Unzufriedenheit führt.

Fazit: Finde Wertschätzung für beide Pole der hier dargestellten Führungswelt und nutze sie für die Stärkung der Leistung deiner Organisation

Abschließend lässt sich festhalten, dass eine leistungsstarke Organisation sowohl gut im Akzeptieren und Kultivieren von Chaos und Ordnung ist. Der Erfolg liegt darin, unterschiedliche Teile der Organisation unterschiedlich zu führen sowie das Spannungsfeld zwischen beiden Polen zu managen und eine Balance zu finden, die Innovation (Chaoskultur) und Effizienz (Ordungskultur) gleichermaßen fördert.

Es braucht also sowohl ein professionelles Management zur Sicherung von Ordnung als auch ein adaptives Management der Unordnung, damit eine permanente Transformation gelingt.

💬 Wir unterstützen dich gerne auf diesem Weg. Melde dich zu einem ersten unverbindlichen Gespräch bei uns.

Autoren

  • "Stefan ist einer der erfahrensten Experten auf dem Gebiet Change-Management und -Beratung bei Dr. Kraus & Partner. Ein Mann der Tat, der durch seine energetische Persönlichkeit und seinen scharfen Verstand besticht."

    Alle Beiträge ansehen
  • Christian-Berthold-Kraus-und-Partner

    "Christian ist eine tragende Säule unseres Kernteams und unser Mann für herausfordernde Change-Projekte. Mit frischer Neugier und Lebendigkeit nähert er sich Systemen an. Er ist ein Meister darin, aus einzelnen Teilen die Vision von etwas Neuem zusammenzufügen."

    Alle Beiträge ansehen