Personen sitzen um einen Laptop und sprechen miteinander - New Leadership - Dr. Kraus & Partner

In meinem letzten Beitrag habe ich dir einen Abriss davon gegeben, was Unconscious Biases sind, wie sie sich auf Diversität auswirken und warum es wichtig ist, dass wir uns aktiv damit beschäftigen – aber jetzt fragst du dich bestimmt: Wie geht das?

Wir alle nehmen gedankliche Abkürzungen, nutzen Faustregeln oder rufen stereotype Bilder und Vorurteile ab, um Informationen zu vereinfachen und effektiver zu verarbeiten. Die Tücke unserer Unconscious Biases liegt im fehlenden Bewusstsein darüber. Sie passieren automatisch und ohne unser Zutun. Deshalb können wir sie auch nicht einfach ablegen.

Albert Einstein sagte dazu einst: „Es ist leichter, einen Atomkern zu spalten als ein Vorurteil.“ – Recht passend, oder? Trotzdem kann jede/r Einzelne von uns etwas tun, denn im ersten Schritt geht es vor allem darum, sich der eigenen Voreingenommenheit bewusst zu werden und eigene Gedanken und Entscheidungen zu hinterfragen.

Wie können wir uns hinsichtlich unserer Biases selbst mehr reflektieren?

  1. Zunächst einmal sollten wir akzeptieren, dass wir alle Biases haben und uns weiter über deren Entstehung und Wirkung informieren. Damit hast du, wenn du das hier liest, sogar bereits begonnen. 
  2. Auf dieser Basis können wir im Alltag Situationen ausfindig machen, in denen Entscheidungs- und Beurteilungsfehler bei uns wahrscheinlich sind. Das kann zum Beispiel sein, wenn wir unter Zeitdruck stehen, abgelenkt sind, verärgert sind oder einer anderen kognitiven Belastung ausgesetzt sind. Was versetzt dich besonders in Stress? Um unsere eigenen Muster besser zu verstehen, können wir uns auch Feedback von Freunden und Kolleginnen dazu einholen.
  3. Wenn wir ein besseres Verständnis dafür haben, in welchen Situationen wir persönlich anfällig für unsere Biases sind, dann können wir genau diese genauer unter die Lupe nehmen. Dabei hilft ein Dreiklang:• Beobachtung: Was nehme ich wahr? Was sehe ich? Was höre ich? Zum Beispiel, eine Frau mit Kopfschleier betritt das Büro.
    • Interpretation: Was denke ich? Wie ordne ich die Situation zu? Zum Beispiel, die Frau ist eine Muslima.
    • Bewertung: Was löst die Situation bei mir aus? Was empfinde ich? Welche Emotionen bemerke ich? Wie beurteile und entscheide ich? Zum Beispiel, die Frau ist selbstbewusst, die Frau passt nicht in unser Unternehmen, die Frau tut mir leid, und so weiter.
  4. Wie wir Situationen wahrnehmen und Entscheidungen treffen ist durch unsere Erfahrungen und persönliche Erlebnisse geprägt und wird durch die Kultur, in der wir aufwachsen, leben und arbeiten und durch unsere Umwelt beeinflusst. Wir sollten uns im nächsten Schritt die Frage stellen, woher ein mögliches Vorurteil stammen könnte. Wo und wie habe ich gelernt, so zu reagieren? Welche Werte und Normen sind mit meiner Interpretation und Bewertung verbunden? Welche Erfahrungen habe ich unterbewusst einfließen lassen?

Dieser Prozess der Bewusstwerdung hilft uns dabei, unsere Biases zu reduzieren und macht es uns leichter, aktiv darauf zu achten, nicht in gewohnte und vorprogrammierte Denkmuster zu verfallen. Probier‘ es einfach mal aus!

Ein Tipp

Ich möchte noch einen kleinen Trick mit dir teilen, den HR-Chefin Kristen Pressner „Flip it to test it“ nennt (siehe TEDx-Talk auf Youtube). Wenn du dabei bist, eine Situation einzuschätzen oder eine Entscheidung zu treffen, dann dreh einfach mal denjenigen, mit dem du es zu tun hast gedanklich um, also stell dir vor, dass es sich zum Beispiel um einen Mann statt um eine Frau oder um einen hell- statt um einen dunkelhäutigen Menschen handelt, und andersherum. Wenn es sich seltsam anfühlt, solltest du dich selbst und deine Einschätzung überprüfen.

➡️ Wenn du mehr über Unconscious Biases (1/3) erfahren möchtest, dann lies Teil 1 dieser Serie.

Autor

  • Judith Sölter

    "Judith ist eine Beraterin der neuen Generation. Agilität liegt ihr im Blut. New Work ist für sie schon lange normal. Ihr Interesse gilt zukunftsweisenden Organisationskonzepten und Wegen, diese gut einzuführen."